Der VW-Dieselskandal von 2015 ist der wohl größte Skandal in der Geschichte der deutschen Autoindustrie. Er kostete Volkswagen bereits mehrere Milliarden Euro und es nimmt kein Ende. Immer noch stehen Zehntausende offene Klagen gegen den Konzern.
Nach dem Skandalmotor EA 189 ist nun durch interne Papiere bekannt geworden, dass auch der Nachfolgemotor EA 288 betroffen ist. Bis Mitte 2016 wurden dort illegale Abschalteinrichtungen verbaut, um die Abgasemissionen zu manipulieren. Der VW-Konzern versucht vehement gegen die Klagen vorzugehen. Doch wird er damit durchkommen?
Kampagne gegen Verbraucheranwälte
VW hat nun eine richtige Anti-Klage-Kampagne gestartet und begonnen, die Klägeranwälte stark zu kritisieren. Die Behauptungen des Konzerns sind allerdings sehr ominös und mit Vorurteilen behaftet.
Auf seiner Webseite macht VW deutlich, dass Kläger beim EA-288 Motor keine Chance hätten. Es ginge es nur um den Profit der Anwälte, die die Prozesse „zu über 99 Prozent“ verlieren würden. Anspruch auf Schadensersatz lehnt der Konzern entschieden ab.
Gerichte beurteilen die Situation anders
Die Oberlandesgerichte Deutschlands sehen die Lage jedoch völlig anders. Schon jetzt in der frühen Phase gibt es neun stattgebende Urteile und die Erfolgsaussichten der Kläger stünden gut.
Die Offenburger Richter gaben folgendes Statement ab:
„Ergänzend ist in diesem Zusammenhang, dass es auch konkrete Indizien dafür gibt, dass die Beklagte bezüglich der Teststandserkennung keinesfalls das zuletzt behauptete reine Gewissen hatte (…). Sie hat in dem Prozess die Teststandserkennung zunächst nicht eingeräumt, sondern als pauschal unzutreffend bezeichnet (…) zudem hat die Beklagte die ausdrückliche Frage, ob in dem Fahrzeug eine Umschaltlogik verbaut sei, verneint. Eingeräumt wurde die Teststandserkennung erst auf ausdrückliche schriftliche Nachfrage des Gerichts, wobei zunächst die weitere Frage, ob anknüpfend an die Teststandserkennung irgendwelche Änderungen gegenüber dem Normalbetrieb vorgenommen wurden, wahrheitswidrig mit Nein beantworten wurden.“
Mittlerweile ist bekannt, dass bei vielen Fahrzeuge mit EA 288-Motor eine illegale Dosierstrategie angewandt wird, indem die Ad-Blue-Ausschüttung in der Testsituation höher ausfällt als im Normalbetrieb. Außerdem hat das Kraftfahrt-Bundesamt bereits zwei Fahrzeugmodelle mit EA 288-Motor (T6 und Golf 7) aufgrund illegal verbauter Abschalteinrichtung zurückgerufen.
Bei Gerichten, die EA 288-Klagen bisher abgewiesen haben, findet deshalb nun ein Umdenken statt.
VW hingegen verschweigt all die Aussagen der Landesgerichte auf seiner Internetseite. Dort ist außerdem nur von sechs stattgebenden Urteilen die Rede, von denen drei durch prozessuale Fehler von Volkswagen zustande gekommen wären. Wie lange der Konzern mit diesen falschen Behauptungen noch durchkommt, wird sich zeigen. Die zweite Klagewelle baut sich jedenfalls gerade auf und die Chancen für die Kläger stehen definitiv besser, als VW vorgibt.
Bei der ersten Klagewelle war es ähnlich: auch dort sind Anwälte zunächst belächelt worden, waren aber schließlich erfolgreich.
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